Zu Dies Illa
Sinnfällige Wendung
Auch bei Otfried Büsings Dies Illa – Epitaph für Orchester mit Chor der Schatten (Nelly Sachs) mit Vokalquartett und Solovioline, erweisen sich die Vokalsolisten in der komplexen Polyphonie als sicher und klanglich versiert. Der Freiburger Musiktheorieprofessor hat das A-capella-Quartett mit einer Solovioline kombiniert. Konzertmeister Matia Gotman meistert den Part, der – per aspera ad astra – aber dunkle Bordunklänge langsam zu ganz hellen, flirrenden Flageolett-Tönen metamorphosiert, mit Übersicht und interpretatorischer Raffinesse. Das Orchester hatte zuvor Büsings düstere, strenge, äußerst vielschichtige Musik mit ihren emotionalen Ausbrüchen überzeugend zum Klingen gebracht.
Büsing selbst regt eine Kombination mit dem Mozart-Requiem an. Und so ergklang das Epitaph – zu Deutsch: Grabinschrift – vor dem Offertorium, also an jener Stelle, an der im Gottesdienst die Predigt erklingt. Eine sinnfällige Wendung. Und eine Bereicherung einer Aufführung des Mozart-Requiems […].
Alexander Dick, Badische Zeitung, 26. Nov. 2019
Zum Kleinen neuen Orgelbüchlein
Keinesfalls ein wilder Garten ohne Plan
Wie Büsing jetzt bei der vom hochschuleigenen Institut für Kirchenmusik ausgerichteten klingenden Präsentation in der Freiburger Friedenskirche anmerkte, sollen die Stücke gottesdiensttauglich sein. Das sind sie – auch wenn sich manche Gemeinde an modernere Klänge wird gewöhnen müssen. Eine Gelegenheit, um sich dem Neueren zu öffnen.
Den ja von Bach bekannten sogenannten Orgelbüchlein-Typ gibt es bei Büsing nicht. Dafür andere. Wobei aber auffällt, dass der Freiburger bei seiner Auswahl ums Liedgut der Romantik eher einen Bogen macht. Diverse Kategorien, wie er die von ihm bemühten kompositorischen Prinzipien nennt, unterscheidet Büsing in seiner bunten Sammlung, die auch der Kritik widersprechen möchte, die Musik der letzten 100 Jahre sei ein wilder Garten ohne Plan. […] Dem neuen Orgelbüchlein, dessen Stücke größtenteils auch für versiertere nebenamtliche Akteure machbar sind, ist weite Verbreitung zu wünschen.
Johannes Adam, Badische Zeitung, 22. Nov. 2019
Zum Album Movimenti
„Movimenti“: Werke des Freiburger Komponisten Otfried Büsing auf CD
Dieses Schräge, Sperrige, Komplexe, Verkopfte: Man kennt das zur Genüge. Vielleicht haben Sie sich deshalb aber auch schon mal gefragt: Gibt es neue, ambitionierte Tonkunst, die – und zwar ohne jedwede Anbiederung – den Hörer erreicht? Klare Antwort: ja. Diese CD mit Werken von Otfried Büsing ist ein Musterbeispiel dafür.
Nicht nur in dem titelgebenden Trompetenopus „Movimenti“ von 1986 zeigt sich, dass Büsing, gleichwohl auf seine Art, auch als Komponist unserer Tage engagiert dem Melos zugetan ist. Der Spätromantiker Max Reger war es einst, der beim Komponieren das Erfinden einer Melodie für besonders schwierig hielt. Die Trompete (Joachim Pliquett) singt. Sie sendet auch Signale. Die Orgel (Arvid Gast) ist Partner. Dass die Kombination Trompete & Orgel sogar swingen kann: Beim finalen Rondo wird es deutlich. Bei Büsing, diesem Artifex und somit Kunstmacher, spürt man oft das Musikantische, wird es fast zu einem Aktivposten.
Büsings Musik berührt
Und man spürt das Spielerische.
Die hervorragende CD ist ein veritables Dokument. Sie bietet – unter Verzicht auf Vokales – einen exemplarischen Blick auf Otfried Büsings ereignisreiche Kammermusik […].
Johannes Adam, Badische Zeitung, 19. Jul. 2019